Gute Reise, lieber Luis

Nachruf auf Luis Stitzinger

Ende Mai erreichten uns aus dem Osten Nepals sehr traurige Nachrichten: Luis Stitzinger war am dritthöchsten Berg der Erde, dem Kangchendzönga (8586 m) unterwegs, um dort einen seiner großen Skibergsteigerträume zu leben. Er wollte den Kantsch, wie der Berg oft kurz genannt wird, ohne Unterstützung von Flaschensauerstoff oder Hochträgern allein mit Ski besteigen und, wenn möglich, eine Skiabfahrt aus der Gipfelregion bis ins Basislager realisieren. Nach Erreichen des Gipfels am 25. Mai ist er aus der Gipfelregion des Kantsch leider nicht mehr lebend zu uns zurückgekehrt. 

Luis war sicher der stärkste Alpinist, der je aus unserer DAV-Sektion Füssen hervorgegangen ist. Neben seinem Elternhaus (sein Vater Volkmar Stitzinger war ebenfalls Bergführer und einer der Wegbereiter des DAV Summit Club) war seine Zeit in unserer Kinder- und Jugendgruppe und später dann in der Jungmannschaft prägend für seinen weiteren Werdegang in den Spitzenalpinismus.    

Fast 30 Jahre lang war Luis in den Bergen der ganzen Welt auf Expedition mit meist extrem anspruchsvollen Zielen unterwegs. Seine wohl größten und international beachteten Erfolge waren Skibefahrungen von den ganz hohen Bergen. Von sieben Achttausendern ist Luis mit Skiern abgefahren, die er dort auch immer selbst hinaufgetragen hat! So gelang ihm als erster Skialpinist z.B. die durchgehende Befahrung der zentralen Diamirflanke am Nanga Parbat. Die Liste seiner Erfolge ließe sich lange fortsetzen. 

Auch in unseren heimischen Bergen hat er mit extremen Skibefahrungen seine Spuren im Schnee hinterlassen. In seinem Winter-Wohnzimmer, den Lechtaler Alpen, hat er viele extreme Routen (z.B. an der Urbeleskarspitze oder an der Namloser Wetterspitze) mit Ski befahren. 

Dabei war der Luis aber alles andere als ein Draufgänger oder Hasardeur. Jeder, der einmal mit ihm unterwegs war, weiß von seiner umsichtigen und besonnenen Art. Und der Luis ist sich selbst immer treu geblieben, hat seine Leidenschaft für die Berge gelebt, ohne sich dabei jemals groß vermarkten zu müssen. 

Die internationale alpine Gemeinschaft verliert mit Luis einen extremen Spitzenathleten und einen sehr erfolgreichen Bergführer für die höchsten Berge auf allen Kontinenten unserer Erde.  

Die Allgäuer Bergsteigerszene verliert ein Aushängeschild, der mit seiner kompetenten und immer sehr humorvollen Art überall äußerst beliebt war und der mit seinen Vorträgen viele Bergsteiger begeistert und inspiriert hat.  Die Sektion Füssen und wir alle haben einen herausragenden Bergsteiger, aber in erster Linie einen ganz feinen, bescheidenen und immer hilfsbereiten Menschen verloren. 

Der Autor dieser Zeilen trauert um einen seiner besten Freunde und den besten Bergkameraden über all die vielen vergangen Jahre. Ich bin glücklich und dankbar für jedes gemeinsame Erlebnis.  

Unser Mitgefühl gilt seiner Frau Alix, die mit Luis gemeinsam auf vielen Achttausendern stand, seiner Mutter Kathrin und seinen Geschwistern Verena und Wendelin sowie deren Familien. Es mag ein kleiner Trost sein, dass Luis bei dem, was er geliebt hat, unterwegs zu einem großen Lebenstraum, ums Leben gekommen ist. Uns allen bleibt er als großer Bergsteiger, aber noch mehr als ganz feiner Mensch in Erinnerung. 

In einem Nachruf in der alpinen Presse steht zu lesen: „Der Luis hatte ein unglaublich starkes Herz, im physischen wie auch im übertragenen Sinne. Nun hat es aufgehört zu schlagen.“  

Gute Reise, lieber Luis. Mach´s gut. 

Wolfi Mayr
Tourenreferat DAV Sektion Füssen